In 2015 hat das IGBP (International Geosphere-Biosphere Programme) seine 24 Indikatoren der „großen Beschleunigung“ überarbeitet und aktualisiert, die erstmalig 2004 veröffentlicht worden waren. Die 24 Trends, im Original bezeichnet als „Planetary Dashboard“, verteilen sich auf zwei Gruppen à je 12 Indikatoren: die sozio-ökonomischen Trends bilden die erste Gruppe, die Erdsystem-Trends werden in einer zweiten Gruppe zusammengefasst.
So verschieden die Indikatoren auch sein mögen, zwei Kernaspekte haben sie gemeinsam:
- Alle Indikatoren zeigen deutlich, dass die Auswirkungen menschlichen Handelns auf unseren Planeten erst seit den 1950er Jahren massiv sichtbar werden und sich bis heute auf ein gefährliches Niveau hochschraubt haben.
- Auch die Entwicklung der Erdsystem-Trends wird heutzutage unmittelbar von unserem globalen Wirtschaftssystem beeinflusst, alle Kurven zeigen drastische Beschleunigungen und noch nie dagewesene Belastungen, die allesamt menschengemacht sind.
Sozio-Ökonomische Trends
Diese 12 Indikatoren beziehen sich auf Aktivitäten und Entwicklungen direkt bezogen auf uns Menschen – von links nach rechts und von oben nach unten: Weltbevölkerung, reales Bruttoinlandsprodukt (BIP), ausländische Direktinvestitionen, Stadtbevölkerung, Primärenergienutzung, Verbrauch von Düngemitteln, große Staudämme/Kraftwerke, Wasserverbrauch, Papierproduktion, Transport, Telekommunikation und internationaler Tourismus.
Sozio-Ökonomische Trends
Quelle: www.igbp.net
Die sozio-ökonomischen Trends gewinnen zunehmend an Einfluss auf die Entwicklung unserer Erdsysteme, sowohl relativ als auch absolut betrachtet. Sie zeigen, genau wie die Erdsystem-Trends, alle dasselbe Muster: immer schnelleres Wachstum seit Beginn der 1950er Jahre.
Erdsystem-Trends
Die Erdsystem-Trends beziehen sich auf 12 verschiedene Vorgänge in unserer Umwelt, u.a. in Bezug auf die Atmosphäre, das Klima, die Meeresökosysteme, Küstenzonen und die terrestrischen Ökosysteme, die ebenfalls maßgeblich von uns Menschen beeinflusst werden. Die Kurven zeigen Beschleunigungen in den folgenden Bereichen – von links nach rechts und von oben nach unten:
- CO² – atmosphärische Konzentration von Kohlenstoffdioxid
- N²O – atmosphärische Konzentration von Distickstoffoxid
- CH4 – atmosphärische Konzentration von Methan
- Stratosphärischer Ozonabbau, u.a. durch Chemikalien
- Anomalien bei der Oberflächentemperatur, u.a. in der nördlichen Hemisphäre
- Zunahme der Meeresversauerung
- Zunahme beim globalen Fischfang, u.a. Überfischung
- Jährliche Garnelenproduktion, stellvertretend für den Wandel in Küstenzonen
- Stickstoffverschmutzung von Küstenzonen
- Schwund tropischer Wälder, u.a. in Afrika, Lateinamerika, Süd- und Südostasien
- Umwandlung von Flächen in Weideland und in Anbaugebiete für Getreide
- Degeneration der Biosphäre, u.a. erhöhte Aussterberate bei Tieren und Pflanzen
Einige dieser Trends sind identisch mit den planetaren Grenzen – „Planetary Boundaries“.
Erdsystem-Trends
Quelle: www.igbp.net
Aus der systemischen Sicht von The Natural Step visualisieren die Indikatoren der „großen Beschleunigung“ nicht nur die enorme Geschwindigkeit des Wandels auf unserem Planeten. Sie unterstreichen auch die überaus hohe Verantwortung der Spezies Mensch für seine Zukunft.
Willkommen im Anthropozän
Bedingt dadurch, dass die sozio-ökonomischen Trends mehr und mehr an Einfluss gewinnen, sprechen sich zahlreiche Wissenschaftler dafür aus, die gegenwärtige Epoche nicht länger als Holozän (= nacheiszeitliche Warmzeit) zu bezeichnen, sondern als Anthropozän – ein Zeitalter also, in dem wir Menschen die wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse unserer Erde geworden sind.
Das hier folgende Video „Welcome to the Anthropocene“ zeigt – genau wie die 24 Indikatoren der „großen Beschleunigung“ – sehr anschaulich, warum der Mensch eine derart bedeutende Quelle für den globalen Wandel ist und wie wir unsere eigene geologische Epoche eingeleitet haben. Dieses außergewöhnliche Video wurde vom IGBP (International Geosphere-Biosphere Programme) gemeinsam mit Globaïa produziert und zur Eröffnung des Rio plus 20 Gipfels der Vereinten Nationen (UN) 2012 gezeigt und hoch gelobt. Reinschauen lohnt sich!