ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK

Die Grenzen unseres Planeten verstehen

Mit dem ökologischen Fußabdruck – Ecological Footprint – messen wir unseren Naturverbrauch. Die Weltbevölkerung wächst rasant weiter, mit ihr die Wirtschaft und der globale Konsum. Ungeachtet dessen bleibt die Größe unseres Planeten Erde immer gleich. Die Folge: Seit den frühen1970er Jahren verbrauchen wir Menschen unsere natürliche biologische Grundlage deutlich schneller als die Natur sie erneuern kann. Wir leben, ökologisch gesehen, über unsere Verhältnisse.

Der ökologische Fußabdruck misst den Verbrauch natürlicher Ressourcen in Global-Hektar pro Person und Jahr (gha = global hectare). Er erfasst auf der Nachfrageseite den Ressourcenverbrauch jedes einzelnen Menschen, also Energie, Nahrung, Kleidung, Entsorgung von produzierten Abfällen und das Binden von Kohlendioxid, das durch das eigene Handeln entstanden ist. Auf der Angebotsseite beziffert er, wie viel Natur = Biokapazität = ökologisches Kapital wir (noch) haben.

Zu Beginn der 1990er Jahre entwarf der Schweizer Ökologe Dr. Mathis Wackernagel, heute Präsident der Organisation „Global Footprint Network“, gemeinsam mit William Rees, einem kanadischen Wissenschaftler und Professor an der Universität von British Columbia, das bis heute bewährte Konzept. Dr. Karl-Henrik Robèrt, der Gründer von The Natural Step, setzte sich bereits 2001 intensiv mit dem Footprint auseinander. Er war, genau wie Wackernagel und Rees, Mitglied einer Gruppe von Wissenschaftlern, die das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme – UNEP) damit beauftragt hatte, die Wirkung verschiedener Faktoren auf die Biosphäre systemisch und im Kontext der Nachhaltigkeit zusammenfassend zu erklären.

Für The Natural Step Deutschland ist und bleibt der ökologische Fußabdruck ein weltweit gültiger Indikator, um die Zerstörung der Umwelt verlässlich zu quantifizieren – als Fläche der Erde, die wir brauchen, um unseren Lebensstandard, unter den jeweils geltenden Produktions- und Wirtschaftsbedingungen, dauerhaft zu ermöglichen. Bei ihren jährlichen Berechnungen berücksichtigen die Wissenschaftler vom Global Footprint Network den technologischen Fortschritt und die Produktivitätssteigerungen, die sich daraus ergeben können.

ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK Umweltverschmutzung
ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK Müll
ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK Umweltverschmutzung

Der ökologische Fußabdruck wird u.a. angewendet, um jedes Jahr den „Earth Overshoot Day“ zu bestimmen. Eine wirklich gebräuchliche Übersetzung hierfür gibt es in den meisten Sprachen nicht, auch nicht in Deutsch. Begriffe wie „Welterschöpfungstag“ oder „Erdüberlastungstag“, die in einigen Publikationen verwendet werden, haben sich nicht durchgesetzt.

Der ökologische Overshoot tritt immer dann ein, wenn der aktuelle Verbrauch an natürlichen Ressourcen die Kapazität der Erde zur Regenration dieser Ressourcen überschreitet. Die Wissenschaft kann diesen Wert heute global und regional, für Organisationen, Unternehmen und für jeden Einzelnen berechnen. Zwischen dem ökologischen Fußabdruck und dem UN-Index für die Entwicklung des Menschen (HDI = Human Development Index) besteht ein enger Zusammenhang, den The Natural Step Deutschland in dieser Animation visualisiert: Wenn sich ein Land konjunkturell entwickelt und der Lebensstandard sich verbessert, dann erhöht sich in der Regel automatisch auch der ökologische Fußabdruck dieses Landes.

Mehr zur Datenerhebung

Der ökologische Fußabdruck sagt sehr viel darüber aus, wo wir im Hinblick auf einen nachhaltigen Lebensstil wirklich stehen. Die Biokapazität fungiert dabei als Variable für die Fähigkeit der Biosphäre, sich zu regenerieren und beantwortet, wie viel Natur, gemessen in Fläche, wir für unser Leben benötigen. Als Maßeinheit hat das Global Footprint Network den globalen Hektar definiert. Zur Einordnung: Ein Hektar entspricht 10.000 Quadratmetern (qm), das sind etwa 1,5 Fußballfelder. Ein Global-Hektar ist die Maßeinheit für die durchschnittliche biologische Produktivität einer Fläche weltweit in einem Jahr, die verschiedene Länder und Gebiete weltweit vergleichbar macht.

Bei der Datenerhebung arbeitet das Global Footprint Network eng mit weltweit renommierten Instituten und Organisationen zusammen, u.a. mit den Vereinten Nationen (UN). So basieren etwa die länderspezifischen Footprint-Berechnungen auf Datensätzen der UN. Pro Jahr werden hierfür pro Land die Messungen an mindestens 6.000 Datenerhebungspunkten ausgewertet, in manchen Ländern an bis zu 15.000 Punkten. Flankierend nutzen die Forscher Ergebnisse aktueller Studien. Die derzeit aktuellste weltweite Datenerhebung bildet das Jahr 2012 ab.

Die Methodik und die Datenerhebung werden kontinuierlich verbessert. In der Konsequenz werden jedes Jahr Anpassungen vorgenommen, die die Ergebnisse weiter konkretisieren. In 2016 haben die Wissenschaftler erstmalig kalkuliert, wie viel Kohlendioxid (CO²) ein durchschnittlicher Hektar Wald speichern bzw. binden kann (AFCS = Average Forest Carbon Sequestration). Die neuen Berechnungen zeigen, dass der aktuelle CO²-Fußabdruck um 16 Prozent höher liegt als bisher gedacht. Entsprechend höher ist auch der gesamte ökologische Fußabdruck – hier sprechen wir von über acht Prozent mehr. Diese Ergebnisse sind plausibel, weil der CO²-Fußabdruck etwa 60 Prozent des gesamten ökologischen Fußabdrucks ausmacht – er gilt als maßgeblicher Verursacher des Klimawandels.

Vor diesem Hintergrund stehen weltpolitisch betrachtet Strategien und Maßnahmen im Fokus, die den Klimawandel aufhalten bzw. abbremsen können. Die Vereinten Nationen (UN) und die Europäische Union (EU) sind sich einig, dass wir die Emission von Treibhausgasen drastisch senken müssen, wenn wir die Klimaziele des Pariser Abkommens vom 12. Dezember 2015 erreichen wollen. Als globales Ziel wurde eine Erwärmung um deutlich weniger als zwei Grad Celsius, möglichst sogar um maximal 1,5 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit definiert. Führende Klimaforscher und Umweltexperten zweifeln stark daran, dass dieses Ziel schnell genug erreicht werden kann. Sie sprechen sich nachdrücklich dafür aus, so bald wie möglich ausschließlich auf erneuerbare Energien zu setzen und empfehlen politischen Entscheidern, endlich den Weg zu ebnen für den konsequenten Ausstieg aus der Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas.

ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK UND BIOKAPAZITÄT WELTWEIT

ÖKOLOGISCHER FUßABDRUCK UND BIOKAPAZITÄT WELTWEIT

Quellen: © Global Footprint Network 2016, mehr Information in Englisch: www.footprintnetwork.org, in Deutsch: www.footprintnetwork.org/de/index.php/GFN

In den frühen 1970er Jahren hat die Menschheit erstmalig mehr natürliche Ressourcen verbraucht als die Natur reproduzieren konnte. Dieses Ereignis nannte das Global Footprint Network „Earth Overshoot“ und baute darauf eine erfolgreiche, globale Kampagne gegen den Klimawandel auf. Der „Earth Overshoot Day“ markiert den Tag im Jahr, ab dem wie die Erde im gesamten Jahr regenerieren kann. In 2016 war der globale ökologische Overshoot bereits am 08. August erreicht. Aufs Jahr gerechnet hätten wir im globalen Durchschnitt 2016 etwa 1,6 Erden gebraucht, um unseren Lebensstandard zu halten. Zum Vergleich: 1995 lag der ökologische Overshoot kalendarisch noch im letzten Drittel des Monats November.

Ökologischer Overshoot

Mit der Größe des ökologischen Fußabdrucks der Weltbevölkerung erfasst das Global Footprint Network die gesamte Nutzung natürlicher Ressourcen von Wäldern, Wasser, Ackerland und Lebewesen, die alle Menschen derzeit für ihre Lebens- und Wirtschaftsweise brauchen. Gespiegelt wird dieser Wert mit der biologischen Kapazität der Erde, diese Ressourcen wieder aufzubauen sowie Abfälle und Emissionen aufzunehmen.

global footprint network earth overshoot day 2016

Das bedeutet: Alles, was wir nach dem 08. August 2016 verbraucht haben, wächst nicht nach, kann also von unserem Planeten nicht kompensiert werden. Die Menschheit lebt derzeit so, als hätte sie 1,6 Erden zur Verfügung. Dass der Earth Overshoot Day jedes Jahr früher erreicht wird, ist ein deutliches Zeichen für die fortschreitende Zerstörung der Biokapazität unseres Planeten.

Menschen, die in reichen Industrieländern leben, bestreiten ihren Wohlstand bereits heute auf Kosten anderer Menschen in der Dritten Welt. Mehr als fünf Erden (5,4) wären erforderlich, wenn die Weltbevölkerung so leben würde wie die Australier. Eine derartige Übernutzung der Ökosysteme kann auf Dauer nicht funktionieren. Die Erde wird nicht größer werden, dennoch wachsen unsere Ansprüche – und mit ihnen Ungerechtigkeit und Ungleichheit.

Ökologischer Overshoot in Deutschland

Die Biokapazität und der ökologische Fußabdruck variieren von Land zu Land, maßgeblich beeinflusst vom Entwicklungsstatus, der sich an Indikatoren für Wohlstand, Lebensstil, etc. festmachen lässt. Das Global Footprint Network berechnet den ökologischen Fußabdruck für insgesamt 232 Länder und Regionen. Rechnerisch betrachtet hätte Deutschland den „Overshoot Day“ bereits am 29. April 2016 erreicht. Bis zu diesem Datum hatten wir bereits alle natürlichen Ressourcen und damit die Biokapazität verbraucht, die uns in 2016 insgesamt zustand. Dieser deutsche Erdüberlastungstag zeigt, dass wir dringend unsere Produktions- und Handelspraktiken, unser Konsumverhalten und den umweltpolitischen Kurs anpassen müssen. In Deutschland wird die Erde vor allem durch die hohen CO²-Emissionen in den Bereichen Energie, Verkehr und industrielle Landwirtschaft überlastet, dazu durch den sehr hohen Flächenanspruch u.a. für die Fleischproduktion.

Deutschland im internationalen Vergleich

Der ökologische Fußabdruck Deutschlands stagniert seit etwa zehn Jahren auf einem gefährlich hohen Niveau – wir verbrauchen mehr als doppelt so viele Ressourcen als uns zustehen würden. Um die deutsche Gesamtnachfrage zu befriedigen, ohne unser Budget an natürlichen Ressourcen zu überschreiten, bräuchten wir die Biokapazität und Fläche unseres Landes multipliziert mit 2,3. Etwas mehr als drei Erden (3,1) wären erforderlich, wenn das weltweite Konsumniveau so hoch wäre wie hierzulande.

Wie viele Länder sind nötig, …

… um den Verbrauch seiner jeweiligen Einwohner zu decken?
wie viele Länder

Wie viele Erden bräuchten wir, wenn …

… alle Leute der Welt so leben würden wie …
wie viele Erden

Genau wie viele andere hoch entwickelte und wirtschaftlich erfolgreiche Länder zählt Deutschland zu den Großverbrauchern ökologischer Ressourcen. In Zahlen heißt das: Im weltweiten Durchschnitt verbraucht ein Mensch die um die 2,3 globale Hektar (gha) an Fläche. Rechnerisch kommt jeder Deutsche aktuell auf einen Pro-Kopf-Verbrauch von 5,3 globalen Hektar (gha). Das entspricht einem Defizit von 3,0 gha, eine Fläche, die wir anderen Menschen in anderen Regionen wegnehmen.

The Natural Step Deutschland arbeitet intensiv daran, den ökologischen Fußabdruck in Deutschland zu senken. Unser Denkansatz, unsere Lösung und unsere Angebote für jeden Einzelnen, aber auch für Unternehmen, andere Organisationen und Kommunen, stehen für ein konsequentes Umdenken hin zu mehr Umweltverantwortung und Nachhaltigkeit.